Zino Wey

Erschlagt die Armen!

von Shumona Sinha 
Deutsch von Lena Müller
In einer Fassung von Zino Wey und Andrea Koschwitz

Premiere 2. März 2018 Marstall, Residenztheater München

Mit Anna Drexler
Regie + Bühne Zino Wey 
Kostüme Veronika Schneider 
Musik Ole Brolin + Zino Wey
Licht Monika Pangerl
Dramaturgie Andrea Koschwitz

In einem Pariser Gefängnis sitzt eine junge Frau in Untersuchungshaft: Am Abend hatte sie in der Métro einem Migranten, der sie zuvor angesprochen hat, eine Weinflasche über den Kopf geschlagen. Nun wird sie vernommen und versucht, sich selbst zu erklären, warum dies geschehen ist. Einige Jahre zuvor war sie als Einwanderin nach Paris gekommen, wo sie inzwischen als Dolmetscherin in einer Asylbehörde tätig ist. "Assommons les pauvres!" – "Erschlagt die Armen!" nannte Charles Baudelaire 1865 ein Prosagedicht, in dem ein Mann einem Bettler auf den Kopf schlägt. Titel und Geste hat die Schriftstellerin Shumona Sinha für ihren Roman übernommen, in dem sie die Kehrseite des Asylsystems mit wütendem Blick seziert. Was treibt eine Frau, die in einer solchen Behörde als Dolmetscherin zwischen Asylbewerbern und Beamten vermittelt, zu einer solchen Tat? Hat sie die Seiten gewechselt? Ist sie mehr und mehr selbst zu einer Beamtin geworden? Oder sind es die tagtäglich sich wiederholenden Geschichten der Asylbewerber, die in ihrem Innern das Elend der Heimat und die Übermacht der Männer reproduzieren, vor denen sie geflohen ist? 

"Dass eine weiße Frau sie befragt, nehmen die Männer noch hin, aber eine dunkelhäutige Frau, die aus der gleichen Region stammt, das ist für sie zu viel. Da ich aus Indien komme, Frau bin und mich strikt an die Arbeitsregeln halte, bestand von vornherein eine große Spannung. Ich habe viel Wut abbekommen und es hat mich sehr traurig gemacht." Sie selbst wird immer mehr zu einer Fremden in den Augen der Beamten, aber auch für ihre ehemaligen Landsleute. Denn sie ist eine, die es geschafft hat. Schließlich gibt es für sie in der menschenverachtenden Enge ihrer Welt keine andere Reaktion als den Angriff. Das Geflecht von Lüge und Repression wird für die Protagonisten immer absurder, "wie in einem Volkstheaterstück". So beschreibt die 1973 in Kalkutta geborene Autorin die groteske Handlung in ihrem zornigen Roman. Shumona Sinha war selbst als Dolmetscherin für Asylsuchende tätig. Nach der Veröffentlichung von "Erschlagt die Armen!" 2011 verlor sie ihre Arbeit bei der französischen Migrationsbehörde.




Fotos: Konrad Fersterer


Mail: kontakt at zinowey.com


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